Wie es begann:

Im Oktober 1976 äußerten einige Schülerinnen der Klasse 9a der GHS Dingden im Religionsunterricht den Wunsch, einen Weihnachtsgottesdienst zu gestalten. Nach einigem Zögern wollten schließlich 10 Mädchen mitmachen. Nachdem wir die Lieder für den Gottesdienst ausgesucht hatten, begannen wir mit den Proben. Wir trafen uns jeden Sonntag jeweils von 10.00 Uhr bis 12.30 Uhr im Musikraum der Hauptschule. Singen wollten die Mädchen nicht, sondern die Lieder ‘nur’ begleiten. Bald stellte sich jedoch heraus, daß man einen Vorsänger gebrauchte. Es fand sich schnell ein Mädchen, das nicht zur Klasse gehörte. Außerdem wurde noch ein Spieler für ein Tenor-Alt-Metallophon gesucht und gefunden. So kam der erste Junge in die Gruppe. Er war 10 Jahre alt. Unser Gottesdienst am hl. Abend, 16.00 Uhr, in der Klausenhofkapelle war so gut gelungen, daß alle zusammenbleiben und weitermachen wollten.

 

Wie es weiterging:

Wir entschlossen uns, die Gruppe zu erweitern, um neben dem Instrumentalspiel auch den Chorgesang zu pflegen. An die Gründung eines Vereins wurde noch nicht gedacht. Ab Januar 1977 konnte ich nun mit insgesamt 30 Mädchen und Jungen proben. Da mir der Schildberger Sing- und Spielchor bekannt war, übernahmen wir zunächst einmal einen Teil seines Liedgutes. Diese rhythmische Melodien wurden begeistert aufgenommen und gesungen. Die Proben machten Spaß, wenngleich einige Sänger schon mit der Einstimmigkeit ihre Probleme hatten. An ihrer Unsicherheit konnte ich erkennen, daß viele zu Hause nie oder nur selten sangen. Sie konnten weder die Tonhöhe halten noch tonrein singen. Da auch ich außer meiner Begeisterung keinerlei Kenntnisse mit einbrachte, war das Chaos spätestens da perfekt, als wir zweistimmig singen wollten. Ich hatte manchmal das Gefühl, ich stünde auf einem Faß ohne Boden. Aber wie an den Boden kommen?

Zunächst kaufte ich mir das Buch von Nitzsche ‘Die Pflege der Kinderstimme!

Nach eifrigem Studium wollte ich meine Kenntnisse an den Mann bringen. Doch stellte sich schon bald heraus, daß etwas daran ist an dem Sprichwort: ‘Der Theoretiker weiß, wie es geht, aber es geht nicht; der Praktiker weiß nicht, wie es geht, aber es geht.’ Ich jedenfalls gehörte in diesem Stadium noch nicht zu den Praktikern. Nachdem ich zum x-ten Male erfahren mußte, daß meine Sänger zwar zweistimmig, aber ein jeder auf eine andere zweite Stimme sang, wollte ich aufgeben. Ich war der Überzeugung:’ Die lernen es nie.’ Aber wie das häufig so ist: man sagt sich, vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal. Und so gab es noch viele nächste Male und dann plötzlich - inwieweit die hl. Cäcilia dabei mitgewirkt hat, weiß ich nicht - plötzlich hatte ich das Gefühl, singen kann man doch lernen, man muß nur langen Atem haben. Viel später erst erkannte ich, daß ich aus Mangel an Erfahrung gleich mit dem Schwersten angefangen und somit die Kinder auch wohl überfordert hatte.

Aber wie gesagt, so irgendwann im März 1977 konnten wir das Lied:’ Wenn wir wandern’ zweistimmig singen, zwar noch nicht bühnenreif, aber immerhin. Im Mai 1977 bot sich Herr Genterzewsky an, Freud un Leid mit mir zu teilen und dem Chor beizutreten. Er brachte sein Banjo als Begleitinstrument mit. Das Banjo paßte aber nicht zu unserem Gesang, wohl eher zu einer Jazz-Band. Daher entschlossen wir uns, die Aufgaben so zu verteilen: Herr Genterzewsky übernimmt das Orchester, ich selbst die Stimmpflege und den Gesang. Außerdem übernahm Herr Genterzewsky die Aufgabe des Dirigenten. Geprobt wurde nun donnerstags von 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr. Wir nahmen erneut weitere Sänger auf. Uns fehlten noch eine Baßgitarre, Konzertgitarre, eine Orgel und ein Schlagzeug. Mit Hilfe der Gemeinde, unseren Banken, einiger Geschäftsleute und einer Türkollekte eigens für diesen Zweck konnten wir einige dieser Instrumente - teilweise gebraucht - erwerben.Wir machten uns Gedanken darüber, welchen Sinn unsere Arbeit haben sollte und was wir mit unserer Chorarbeit erreichen wollten. Da wir von einem Basar wußten, der am 17/18.11.1976 zur Unterstützung der Arbeit von Pater Josef Schlütter in Dingden stattgefunden hatte, machten wir uns das Motto dieses Basars ‘Pro Campesinos’ zu unserem Namen und unserem Programm. Ein Ziel der Arbeit war damit umrissen.

 

Ich bat Pater Josej, uns mitzuteilen, für welches seiner Projekte er finanzielle Hilfe gut gebrauchen könne.

Am 20.01.1978 teilte er uns mit:

Lieber Herr Ridder

Ganz herzlich danke ich für Ihr Angebot. Ich dachte gleich an einen Kindergarten für Kinder aus Familien, denen sogar das Notwendigste fehlt. Zur Pfarrei gehört eine Kreisstadt mit mehr als 4000 Einwohnern, meist afrikanischen Ursprungs: Sao Luis Gonzaga do Maranhao. Hier hätten wir zwei staatlich ausgebildete Lehrerinnen zur Verfügung, die schon einige Jahre in der Katequere arbeiten. Die Kinder von den meisten Familien hier wachsen ohne Halt und liebende Sorge von den Eltern her auf. Im Pfarrhaus dieser Stadt haben die Mütter schon eine kleine Schule eingerichtet für Kinder armer Familien. Ein Kindergarten in dieser Stadt, gut geführt und auch mit einer kleinen Schulspeisung, wäre ein gutes Zeichen der Hoffnung. Der Kindergarten würde in einem Saal des Gemeindezentrums untergebracht, dessen Bau im nächsten Monat fertig wird - durch die Hilfe des Basars in Dingden. Dies wäre eine konkretes Projekt, das auch die Möglichkeit einschlösse, daß die Lehrerinnen nach Deutschland hin mitteilen, wie der Kindergarten funktioniert. So könnte die gegenseitige Verantwortung wachgehalten werden. In dieser Großpfarrei bieten sich viele Möglichkeiten an, in Notsituationen Hoffnung mitzuteilen. ...

Bei seinem Heimaturlaub 1986 erfuhren wir von Pater Josef, daß der Kindergarten in Sao Luis Gonzaga do Maranhao sich inzwischen selbst trage. Er schlug ein neues Projekt vor. Alphabetisierung und Schulspeisung von ca., 1700 Kindern und Jugendlichen im Randgebiet der Großstadt Sao Luis, der Hauptstadt von Maranhao. Neben diesem Projekt soll unsere Arbeit künftig notleidenden Kinder in aller Welt gelten. Insbesondere dort, wo Menschen durch Katastrophen in Not geraten, soll im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten geholfen werden. Schwarze Hose und weißer Pulli waren die einheitliche Kleidung für alle Aktiven. So mußten die meisten nicht Neues kaufen. In Zusammenarbeit mit dem Klausenhof wurde ein Faltblatt erstellt, mit dem wir auf uns und unsere Arbeit aufmerksam machen wollten. Am 15.11.1977 zählte unser Chor 77 Mitglieder. Nachdem wir fast ein ganzes Jahr lang intensiv geprobt hatten, konnten wir in unserer Pfarrkirche am 05.11.1977 (Anlaß: Neuaufnahme bei der Landjugend) unseren Gottesdienst gestalten. Der Dirigent mußte mit dem ersten Instrumentalstück dreimal beginnen, weil eine Gitarristin vor lauter Nervosität immer ein anderes Stück anspielte.

Am 19. und 20.11.1977 sangen wir dann erneut in unserer Pfarrkirche. Die Türkollekte zum Ausbau unserer Gruppe erbrachte 591,73 DM. 10 DM wurden von Herrn Kaplan Reimann noch nachgereicht.

Am 22.12.1977 haben wir zum ersten Mal auswärts gesungen, und zwar auf Einladung der Realschule und der Gudulaschulein der Gudula-Kirche in Rhede. In 1977 konnten wir insgesamt schon 8 Gottesdienste gestalten. Der Kreis der Pfarreien, in denen wir singen durften, wuchs ständig. So sangen wir

  • 1978 - 23 mal, davon 21 mal in Gottesdienste
  • 1979 - 30 mal, davon 28 mal in Gottesdienste
  • 1980 - 40 mal, davon 381 mal in Gottesdienste
  • 1981 - 31 mal, davon 27 mal in Gottesdienste
  • 1982 - 32 mal, davon 26 mal in Gottesdienste
  • 1983 - 30 mal, davon 23 mal in Gottesdienste
  • 1984 - 29 mal, davon 25 mal in Gottesdienste
  • 1985 - 41 mal, davon 37 mal in Gottesdienste
  • 1986 - 31 mal, davon 28 mal in Gottesdienste

Wir sangen in folgenden Orten:

Aachen, Ahaus, Aldenhoven(AAchen, Alpen, Bislich, Burlo, Bocholt, Borghorst, Borken, Dingden, Duisburg, Dinxperlo/Niederlande, Coesfeld, Epe, Erle, Essen, Emmerich, Flüren, Geldern, Gronau, Gemen/Borken, Gescher, Gelsenkirchen, Kloster Bardel/Gronau, Hamminkeln, Haldern, Heiden, Heek, Hochmoor/Velen, Kirchhellen, Loikum, Milte/Warendorf, Mehrhoog, Millingen, Metelen, Münchwillen/Schweiz, Moers, Mülheim, Marbeck, Meschede, Marienthal, Menzelen, Marl, Mussum, Nienborg/Ahaus, Neuenkirchen, Nidda/Frankfurt, Oberhausen, Oelde, Ochtrup, Oeding, Rhede, Raesfeld, Ringenberg, Recklinghausen, Rhedebrügge, Rhade, Rees-Bienen, Rheine, Rheinberg, Spork, Sonsbeck, Südlohn, Velen, Voerde, Wesel, Wulfen, Weseke, Wachtendonk, Würenlingen/Schweiz, Turge/Schweiz, Xanten. In Dingen und seinen Bauernschaften gestalteten wir bis zum 01.05.1986 insgesamt 55 Gottesdienste, u.a. sangen wir in Gottesdiensten bei Hochzeiten, Silberhochzeiten, Erntedankfesten und Schützenfesten. Darüberhinaus trat der Chor auf der Einweihung der Volksbank (22.06.84), des neuen Altenwohnheims (16.06.1984) und des Neubaus (Vortragsgebäude III) der Stiftung Akademie Klausenhof (21.04.1983) auf. Besondere Beziehungen entwickelten sich zu drei Gemeinden: Alpen-Menzelen, Wachtendonk und Aldenhoven bei Aachen. In Menzelen sangen wir 1985 zum 15. Mal im sonntäglichen Hochamt. Die Türkollekte in dieser Pfarre erbrachten 15.287,39 DM. In Wachtendonk verbrachten die Chormitglieder mehrmals ein Wochenende in Gastfamilien. Zwischen den Jugendlichen dort und unseren Sängern und Instrumentalisten wuchsen Freundschaften, die teilweise noch heute bestehen. In Aldenhoven waren wir zum ersten Mal am 01.11. und 02.11.1980. Anlaß war die Aktion St. Martin 1980: "Inchupalla baut auf uns." Der St. Martinus-Ausschuß Aldenhoven wollte mit dieser Aktion das Geld für eine Brücke in Inchupalla/Peru zusammenbekommen. Man suchte eine Gesangsgruppe, die ähnliche Ziele verfolgte und forschte nach. Über die Schwester unserer damaligen Geschäftsführerin Fr. Demming stieß man auf uns. Wir gestalteten am 01.11.1980 einen Gottesdienst in der evangelischen Pfarrkirche und am 02.11.1980 einen in der katholischen Pfarrkirche, am Nachmittag sangen wir noch beim Basar. Einige Mädchen werden sich noch an die Übernachtung vom 01. auf den 02. 11 erinnern: sie durften auf der Orgelbühne in der evangelischen Kirche schlafen und kamen sehr lange nicht zur Ruhe.

Abends vorher mußte noch eine Sonderprobe des Chores stattfinden, weil der evangelische Pfarrer Jürgen Fliege zwei Lieder in das Gottesdienstprogramm aufgenommen hatte, die wir gar nicht kannten: "Eine Brücke laßt uns bauen" und "Wie der Wind hatten wir die Hoffnung der Indios mitgenommen".

Weil uns diese Lieder so gut gefallen, haben wir sie zu Hause bearbeitet und in unser Repertoire aufgenommen. Viele weitere Erlebnisse hinterließen einen tiefen Eindruck bei uns: Es war nach einem Gottesdienst in Weseke. Ein gehbehinderter Mann, etwa 50 Jahre alt, kam auf Herrn Genterzewsky und mich zu und überreichte uns 50,- DM für notleidende Kinder in Brasilien. Im Gespräch erfuhren wir, daß dieser Mann selbst acht Kinder hatte und - da krank - von seiner bescheidenen Rente leben mußte. Aus Dankbarkeit und Freude darüber, daß seine Kinder alle gesund waren, wollte er die 50,- DM spenden. Eine Spendenquittung lehnte er ab. Wir waren alle sehr betroffen. Oder nach einem Konzert in Zürich. Wir waren dabei, unsere Instrumente zu verpacken, als Herr Genterzewsky von einem Herrn mittleren Jahrgangs angesprochen wurde. Er teilte ihm mit, daß er sich eigentlich in einigen Wochen eine neue Stereoanlage habe kaufen wollen. Aber nach diesem Konzert könne er dies nicht mehr. Seine alte Anlage sei noch gut genug. Sprach’s und übergab einen Umschlag. Im Umschlag befanden sich 500 Schweizer Franken. In solchen Situationen fehlen oft die richtigen Worte des Dankes. Man ist irgendwie überweltigt und sprachlos.

Beeindruckt hat uns auch die Fastenandacht am 07.03.19982 in Bocholt in der Pfarrkirche hl. Kreuz. Das Thema lautete: "Gefangen sein." Ca. 400 Jugendliche hatten sich versammelt. Nicht nur diese große Zahl überraschte, sondern auch die lebhafte Teilnahme am Gebet und Gesang. Das gemeinsame Konzert mit dem Jongeren Chor aus Dinxperlo am 17.09.1983 ist sicherlich nicht nur uns noch in guter Erinnerung. Viele waren erstaunt über die gute Akustik in der festlich geschmückten Turnhalle der Hauptschule, die fast voll besetzt war. Inzwischen haben wir dem Chor in Dinxperlo einen Gegenbesuch abgestattet und dort am 09.11.1985 einen Gottesdienst gestaltet. Am 02.12.1984 durften wir die Eucharistiefeier zur Eröffnung der Aktion Adveniat 1984 in der Pfarre St. Augustin in Gelsenkirchen gestalten. Nach dem Gottesdienst, der von Bischof Hengsbach, Weihbischof Stehle und Bischof Arietta aud Costa Rica zelebriert wurde, waren wir zusammen mit der Pfarrgemeinde zu einem Gespräch mit den Bischöfen eingeladen. Unsere Chormitglieder erhielten vom Weihbischof Stehle das Buch "Sie verteidigten die Menschenwürde" (Autor: E,L,Stehle) geschenkt. Um diese Thematik ging es auch in dem anschließenden Gespräch. Die Pro Campesinos erlebten Bischöfe "zum Anfassen". Ein Erlebnis ganz besonderer Art war unser Auftritt in der Fernsehsendung 'Mittwochs in Düsseldorf' am 16.11.1983, in der auch das bekannte Klavierduo Marek und Vacek mitwirkte. Zur Vorgeschichte:

Irgendwann im September 1983 rief die Aufnahmeleiterin Frau Barbara Lücke bei uns zu Hause an und fragte nach, ob wir bereit seien, am 16.11 in der o.a. Fernsehsendung für ein Gage von 1.500,00 DM zu singen. Nachdem ich zugesagt hatte, erfuhr ich eine Woche später, daß wir nur mit 30 Sängern und Instrumentalisten kommen sollten. Ich rief Frau Lücke an und bat darum, die Zahl auf 50 erhöhen zu dürfen. Trotz großer Bedenken stimmte sie schließlich zu. Wir waren aber fast 80, die gerne mitfahren wollten. Wie und wen auswählen, wer durfte mit, wer nicht? Ich sprach mit der Aufnahmeleiterin einen Termin ab, um nun an Ort und Stelle die Stellfläche für unseren Chor anzusehen. Mein Schwager, wohnhaft in Düsseldorf und Statiker von Beruf, fertigte eine maßgerechte Zeichnung an, die wir dann in der Aula der Hauptschule in die Realität übertrugen. Wir klebten die Stellfläche ab und siehe da, die vorgesehene Fläche reichte für den gesamten Chor. Wir entschlossen uns daher, alle Aktiven mitzunehmen, nach Hause schicken würde man die anderen ja wohl nicht; vielleicht, so hofften wir, würde es ja nicht auffallen, wenn wir mehr als 50 mitbrächten.

Um 15.00 Uhr mußten wir in Düsseldorf sein. Wir begaben uns sofort in die 'Alte-Messe-Halle A' und wurden dort von Frau Lücke begrüßt. Wir mußten gleich Aufstellung nehmen. Jetzt erschien der Regisseur (er hat das Sagen) Herr Kliemann. Er sah die Gruppe und fragte nur: "Wieviele seid Ihr?" Ich gab ihm eine ausweichende Antwort, doch er hakte nach. Nachdem er mich zum dritten Mal gefragt hatte, mußte ich bekennen, daß wir mit fast 80 Aktiven gekommen waren. Darüber zeigte er sich nicht gerade erfreut, sagte dann aber: "Na, dann singt mal!" Das taten wir dann auch. Herr Kliemanns Miene hellte sich zusehends auf und schließlich sagte er: "Es ist immer wieder schön, einen Jugendchor zu hören." Damit war das Eis gebrochen. Der Regisseur ordnete an, für alle Aktiven Sitzgelegenheiten zu beschaffen. Darüber wiederum waren die anderen Mitarbeiter des Fernsehteams nicht erfreut. Schließlich mußten sie das ganze Haus nach Stühlen absuchen. Eigentlich sollten wir nach jedem Lied den Senderaum verlassen, aber Herr Kliemann sagte, die 'Kinder' müßten die gesamte Sendung miterleben dürfen. Damit die Tontechniker, die Beleuchter und die Kameraleute eine optimale Einstellung ihrer Geräte besorgen konnten, mußten wir die Lieder, die im übrigen einige Wochen vor der Sendung mit dem Musikredakteur Harald Banter ausgesucht worden warten, mehrfach vorsingen. Gegen 16.00 Uhr waren wir mit der Probe fertig. Bis 20.00 Uhr war aber noch eine lange Zeit. Was tun? Einige von uns machten einen Altstadtbummel, die anderen blieben im Aufnahmestudio, um den verschiedenen Technikern bei der Arbeit zuzuschauen. Gegen 19.30 Uhr mußte Herr Genterzewsky und ich in den Schminkraum. Dort wurden unsere Gesichter gepudert, d.h. bei Herrn Genterzewsky waren es auch noch die Hände (Dirigent). Nach der Sendung, die pünktlich um 20.15 Uhr begonnen hatte und von Ursula Vossen und Walter Erasmy mederiert worden war, bat man uns noch zu einem kleinen Imbiß mit allen Mitarbeitern an der Sendung. Spät waren wir wieder zu Hause, aber wir hatten einen erlebnisreichen Tag hinter uns. Wir durften hiner die Kulissen gucken und miterleben, wie solch eine Sendung gemacht wird.

Ähnlich war es bei unserem zweiten Fernsehauftritt, diesmal am 10. Mai 1986 in der 'Aktuellen Stunde'. Als ich am zweiten Ostertag aus dem Urlaub zurückkam. Fand ich einen Brief vom WDR auf meinem Schreibtisch, der die Einladung enthielt, Ostersonntag in der 'Aktuellen Stunde' in Köln zu singen. Das war verständlicherweise nicht mehr zu organisieren. In einem Telefonat schlug der Chef vom Dienst, Herr Dr. von Hassel, als neuen Termin den 10. Mai vor. Als wir um 17.00 Uhr beim WDR in Köln ankamen, war das Entsetzen beim Aufnahmeleiter und den Tontechnikern groß. Obwohl wir 20 Sänger und Sängerinnen zu Hause lassen mußten, glaubte man, auch die anderen nicht alle im Studio unterbringen zu können. Der Toningenieur war verzweifelt, er schüttelte immer wieder den Kopf. Für eine so große Gruppe wie die unsrige war das Studio nicht gebaut. Es konnten nur zwei Mikrofone angeschlossen werden, (-wir selbst haben immer sechs bis acht bei unseren Gottesdiensten -). Da Kunst aber von Können kommt, schaffte er es doch, unsere Lieder gut über den Bildschirm zu bringen.

Der Moderator, Dr. Klenke, interessierte sich sehr für unsere Arbeit. Er machte spontan ( -es war 17.50 Uhr -) den Vorschlag, doch den Pater Josef nach Köln zu holen. Er meinte, bis 19.45 Uhr sei es doch zu schaffen. Ein Anruf bei der Familie Schlütter ergab aber, daß Pater Josef schon die Messe um 18.00 Uhr in unserer Pfarrkirche las.Somit war ein Interview mit ihm nicht möglich. Schade! Für den Auftritt erhielten wir 1.000,00 DM Honorar. Erwähnenswert sind u.a. noch das Adventskonzert am 03.12.1984 und das Konzert mit dem Jugendblasorchester der Städte Bocholt, Isselburg und Rhede am 08.03.1985 im Stadttheater Bocholt zugunsten notleidender Familien in Äthiopien. Es war beeindruckend, wie sich insbesondere die Dingdener Bevökerung mit den Notleidenden solidarisierte und Zeichen der Hoffnung setzte. Sie spendeten insgesamt 15.000,00 DM. 1986 erhielt der Chor den Missionspreis vom Sozialwerk Pater Leppich e.V., der mit 10.000,00 DM dotiert war. Der Preis wurde unseren Chormitgliedern Helga Kathage und Christof Hopen auf dem Deutschen Katholikentag in Aachen überreicht. Mit dem Geld, das sofort auf das Konto von Pater Josef bei den Franziskanern in Werl überwiesen wurde, soll unser neues Projekt unterstützt werden.

Besonders gefreut haben wir uns über die Einladung der Eltern unserer Ringenberger Chormitglieder am 15.02.1986. Nach dem Abendgottesdienst wurde der Chor von ihnen im Pfarrsaal mit Getränken uns Schnittchen bewirtet. So etwas hatten wir bis dahin auch noch nicht erlebt.

 

Die Vereinsgründung:

In der zweiten Jahreshälfte 1977 kam uns der Gedanke, einen Verein zu gründen. Als Verein konnten wir dem Jugendsängerbund Nordrhein Westfalen beitreten und somit die aktiven Mitglieder für die Proben und Auftritte sowie unsere Instrumente günstig versichern. Für die Vereinsgründung sprach weiterhin, daß wir als organisierte Gruppe leichter an Zuschüssen für Instrumente und für Aktionen im Bereich der Freizeitgestaltung herankommen können. Herr Genterzewsky übernahm die Ausarbeitung einer Satzung. Er hatte schon Erfahrung mit der Gründung des Dingdener Tennisvereins. Diese Satzung wurde in der Gründungsversammlung am 12.01.1978 beschlossen. Als Gründungsmitglieder zeichneten seinerseits: Dieter Genterzewsky, Gertrud Görkes, Heinz Demming, Heinrich Vehns, Christel Grütter, August Bengeforth und Manfred Ridder. Der Verein zählt 231 Mitglieder, davon sind 77 aktiv (Stand: 01. Juli 1987). Der Chor und die Instrumentalgruppe bestehen aus 12 Jungen und 62 Mädchen; das jüngst Mitglied ist 10, das älteste 27 Jahre alt (außer dem Chorleiter und dem Dirigenten natürlich). Die Chormitglieder kommen aus Dingden, 4 aus Ringenberg und 2 aus Loikum. Es sind Hauptschüler, Realschüler, Gymnasiasten, Studenten, Lehrlinge, Gesellen und Meister (Techniker). Viele Sänger und Instrumentalisten sind heute nicht mehr dabei, weil sie Beruf und Chorzugehörigkeit nicht mehr in Einklang bringen konnten. Die Altersstruktur hat sich sehr verändert. Während bei Gründung des Chores kein Sänger oder Spieler über 15 Jahre als war, sind heute bereits 41 älter als 18, also mehr als die Hälfte der Chormitglieder ist bereits volljährig. 1979 hatte der Chor die höchste Zahl an aktiven Mitgliedern: 96! Es stellte sich heraus, daß diese Zahl zu hoch war. Darum haben wir die maximale Chorstärke auf 80 Aktive begrenzt. Zum Orchester gehören (Stand: 01.07.1987): 3 Baßgitarristen, 2 Orgelspieler, 2 Schlagzeuger, 8 Gitarristen, 6 Flötenspieler, 5 Sopranglockenspieler, 7 Tenor-Alt-Glockenspieler, 4 Sopran-Metallophonspieler, 2 Tenor-Alt- Metallophonspieler, 2 Sopranxylophonspieler, 3 Tenor-Alt-Xylophonspieler, 2 Trompeter, 2 Querflötenspieler, 1 Klarinettist

Wenn ich richtig aufgerechnet habe, spielen 50 Jungen und Mädchen ein Instrument, wahrlich eine Stattliche Zahl. Nicht alle können gleichzeitig eingesetzt werden. Darum müssen sich einige immer wieder abwechseln. Unser Liedprogramm umfaßt vorwiegend Lieder für den Gottesdienst, aber auch Spirituals und Folksongs. Bisher wurden drei Kassetten und zwei Schallplatten produziert. Alle Aufnahmen wurden mit dem Studio Montan, Köln, durchgeführt. Während der Leiter des Studios, Herr Dr. Bergmann, bei der ersten Produktion jeweils mit der gesamten Technik in die Hauptschule Dingden kam, wurde die letzte Platte (Kassette) im Tonstudio in Köln produziert.